Am 8.10.2019 habe ich an einem Workshop beim Pitch-Doktor teilgenommen. Ausgerichtet wurde der von der Telekom in Köln. Das hier sind meine Notizen mit eigenen Gedanken und Ergänzungen. Etwaige Fehler gehen natürlich auf mein Konto.

Was ist ein Pitch

Ein Pitch ist (in der weitesten Definition) eine Gesprächssituation, die mit einer klaren Bestätigung enden soll. Beispiel dafür sind alle Sätze die mit "Wir sollten doch mal" oder "Lass uns doch" anfangen oder auch Heiratsanträge. Pitches sind grundsätzlich keine Verhandlungen und Verhandlungen keine Pitches.

Übung 1

Mit drei Minuten Vorbereitungszeit sollen die Teilnehmer*innen eine Minute erklären, warum sie großartig sind.

Für die Übungsleiter*in: Auch Zeitüberziehungen zulassen, viel Applaus geben und von den Zuhörer*innen verlangen (vor und nach jeder Rede).

Gerade Frauen (aber zum Teil auch ich) scheinen Angst zu haben, sich hierbei zu groß zu machen ("Ich habe ja einen Freund, also muss ich großartig sein"). In dem Seminar hat es funktioniert, diese nicht zu bekämpfen, sondern aufzuzeigen, wie man für andere Menschen wichtig ist und das gut macht ("Ich bin großartig, weil ich seit Jahren Weihnachtsmann im Altersheim bin").

Wie hält man einen Pitch

Man sollte die Zielgruppe vorher "stalken" (Geld auf dem Konto, ob sie Ski fahren). Meistens richtet man einen Pitch an Menschen, die schon sowieso häufig Pitches (in der allgemeinen Form) hören: Chefs, Investoren, etc. Insbesondere Investoren hören auch mal drei bis viertausend Pitches im Jahr,
dementsprechend ist es völlig normal, dass der eigene Pitch am Anfang niemanden interessiert.

Das kann man aber auch ändern, indem man den Pitch mit passenden Emotionen anreichert (bei Krebsforschung eher die Tränendrüse, bei einer App die unterhalten soll auch Witze). Besonders gut sind auch Wow-Momente. Eine gute Richtlinie, ob dies gelungen ist, ist ob bei den Zuhörer*innen der Puls hoch geht. Dazu sollte man auch viele Details auf später verschieben; wichtig ist, dass man einen Fuß in die Tür bekommt.

Aside: Personal branding und Wirkung

Menschen nehmen unterbewusst oft an, dass ein Mensch, der eine Sache gut kann, auch in allen anderen ähnlich gut ist. Ein guter Pitch kann daher Investoren auch vom eigenen Geschäftskönnen überzeugen (siehe WeWork). Sinnvoll ist es auch eigene Markenzeichen zu entwickeln; bei der Kleidung hilft es zusätzlich wenn sie aus einer Gruppe heraussticht (etwa wenn Zuhörer nach dem Pitch auf einen zurückkommen wollen).

Übung 2

Die Teilnehmenden sollen sich Ziel und Zielgruppe des Pitches genau überlegen. Hierbei ist es besser, einen Teil des Publikums (3 von 20) zu begeistern und den Rest abzustoßen, als eine für alle akzeptable Performance zu leisten, sofern der begeisterte Teil die eigene Zielgruppe darstellt. Wichtig ist auch, dass die Zielgruppe bei dem letztendlichen Pitch (nicht dieser Übung) vorhanden ist und das Ziel auch erfüllen kann.

Was kann man in einem Pitch erzählen

  • Anekdoten, Erfolge, Misserfolge
  • Rhetorische oder einbindende Fragen. Hierbei muss man aufpassen, da das Publikum faul ist. Sinnvoll ist Fragen zu negieren: Statt "Wer hat hier ein Smartphone", wo sich nur 50% melden (der Rest hört nicht zu, hat keine Lust, ..), fragt man "Wer hat hier kein Smartphone" (die Nicht-Zuhörenden unterstützen den eigenen Punkt).
  • Negatives vors innere Auge führen -> Dann Lösung verkaufen. Das wirkt oft besser als positives (Etwa "Möchten Sie dass es Kultur in der Stadt gibt?" -> "Ja, (aber warum soll ich was tun)" vs. "Finden Sie es okay dass Kultur aus der Stadt verschwindet?" -> "Nein, (da müsste man mal was machen)").
  • Positives als Wunsch vorschlagen: "Möchten Sie nicht auch reich und berühmt sein?"
  • Zahlen vortragen (aber nur 2-3, hier setzt schnell Überladung ein)
  • Metaphern, Gleichnisse
  • Fakten
  • Persönliche oder einschneidende Erlebnisse
  • Logische Herleitungen (Warum passiert etwas so und nicht anders)
  • Szenarions, Use-cases, Personas
  • Traumreise ("Stellen Sie sich vor")

Hier ist es wichtig, die Zugkraft (Pull) einer Methode abzuschätzen. So wird etwa ein Bild einer Tafel mit mathematischen Inhalten nur bei wenigen Menschen Begeisterung (oder Schrecken) auslösen; das Bild eines Lagerfeuers schon eher, da es ein fundamentales Bedürfnis nach Sicherheit und sozialer Nähe erfüllt.

Aside: Das Unterbewusstsein aktivieren

Man sollte wenn möglich Fragen an das Unterbewusstsein abgeben, da man so viele und kreative Ideen bekommt. Das kann man zum Beispiel erreichen, indem man sich zehn Minuten vor dem Einschlafen wichtige Fragen stellt und aufschreibt, dann das Unterbewusstsein arbeiten lässt und am nächsten Morgen sich zehn Minuten lang die Antworten notiert. Startups machen ihre Ideenfindungsphase auch oft in einer Umgebung in der sie mit Ablenkung konfrontiert sind (etwa einem Biergarten).

Das Formulieren des Pitches

Als erstes sollte man sich bewusst werden, dass man selbst sich zwar (anscheinend) rund um die Uhr Gedanken zu dem Pitch macht, die Zuhörer jedoch nicht. Es ist also hilfreich einen Schritt zurück zu treten und als erstes die Frage "Warum?" zu beantworten (an dieser Stelle kann man das Buch "Start with Why" von Simon Sinek lesen). Oft kaufen die Leute nicht was man macht, sondern warum man es macht (Menschen zusammen bringen statt Büros vermieten).

Ein mögliches Warum, ist das Problem-Warum. Hierbei geht man von einem Problem aus und zeigt als erstes warum dieses auftritt (und damit dass man das Problem versteht). Das führt automatisch zu Vertrauen beim Hörer, schließlich ist eine große Problemquelle, nämlich dass die Lösung nicht auf die eigenen Bedürfnisse passen könnte, schon aus dem Weg geräumt (und vielleicht ist die Lösung ja aus eigener Erfahrung entstanden..). Natürlich muss die dann präsentierte Lösung aber auch in Größe und Reichweite passend sein; sonst setzt schnell (für den eigenen Zweck schädliche) Befremdung ein.

Was bewegt andere zum Handeln in meinem Interesse?

Hier kommt die "Weltformel" zum Einsatz: WIIFM oder What’s in it for me? Insbesondere entscheiden sich immer konkrete Menschen und nicht abstrakte Unternehmen für eine Entscheidung; was manchmal auch absurd sein kann, wenn etwa durch einen eigentlich sinnvollen Deal ein persönliches Projekt des Entscheiders abgesägt werden muss wird dieser Deal vermutlich nicht zu Stande kommen. Man sollte also versuchen, die Menschen direkt anzusprechen; wenn es sie nicht direkt betrifft (etwa Investoren), kann man aber auch auf Empathie setzen und zeigen, wie das Problem andere betrifft.

Übung 3

Die Teilnehmenden suchen Material für ihren Pitch zusammen und überlegen sich, wie sie dieses Material für ihr Ziel verwenden können.

Grundregeln für Pitches

Pitches sollten kurz sein und innerhalb der ersten Minute begeistern. Trifft man etwa bei einer Konferenz jemand wichtiges, sollte man keinen Smalltalk betreiben, sondern direkt zur Sache kommen; alles andere (von Witzen manchmal abgesehen) verschwendet nur Zeit. Außerdem kommt es auf äußerste Präzision an:

  • Man sollte sich vorher eine Liste mit den wichtigsten Punkten machen und diese auf die gewünschte Zeit hin trimmen
  • Im Pitch sollte man nichts zusätzliches sagen und auch nichts weglassen (siehe Publikumsreaktion unten); sonst kommt man schnell in Zeitschwierigkeiten.
  • Pitches sind kein Freestyle -> Jedes Wort zählt und sollte mit Bedacht gewählt werden.
  • Bei kurzen Pitches bietet sich auch an, alles Wort für Wort vorher aufzuschreiben und auswendig zu lernen. Es sollte dann aber trotzdem natürlich klingen!
  • Der Satzbau sollte klar und kurz sein: Keine verschachtelten Sätze und auch keine Versuche, das Publikum mit den eigenen Formulierungskünsten zu beeindrucken!
  • Die Zuhörenden sollten möglichst nicht während des Vortrages nachdenken, weil sie dann nicht mehr zuhören! Das bedeutet, die Erklärungen sollten einleuchtend und unkontroversiell sein.

Publikumsreaktion

Es ist ganz normal, dass ein Großteil des Publikums einem mit neutralem Gesichtsausdruck gegenüber sitzt, selbst wenn man einen guten Vortrag macht. Man sollte sich dadurch also nicht verunsichern lassen! Wenn man selbst im Publikum einen Redner unterstützen will, sollte man möglichst durch Mimik und Gestik positive Rückmeldungen geben, also mit dem Kopf nicken oder gebannt zulächeln.

Den eigenen Pitch verbessern

Grundsätzlich ist es eine gute Idee, sich bei einer Probe aufzunehmen. Es ist normal, dass man sich als merkwürdig unnatürlich wahrnimmt, wenn man sich auf der Kamera sieht oder die eigene Stimme hört. Man hört aber, wie viel der eigenen Sprache nur Floskeln (und somit unnötig) ist. Besonders sinnvoll ist es außerdem, das Gesagte mal abzutippen. Vorsicht nur beim anschließenden Kürzen: Der Pitch sollte gesprochene Sprache bleiben und nicht in die Schriftsprache abrutschen.

Außerdem kann man Probevorträge vor Menschen der Zielgruppe, die einem möglichst eher unbekannt sind halten und die Ergebnisse analysieren.

Die Präsentation

Man sollte sich auf der Bühne als Anfänger nicht verstellen, sondern locker bleiben und den eigenen (Kleidungs-)Stil durchziehen. Das gilt auch für Humor (in Grenzen: nicht sexistische oder rassistische Witze machen) und Präsentationsform. Für die Präsentationsform ist Pecha Kucha ein guter Anfang, man kann (und sollte) aber einen weniger restriktiven Ansatz bevorzugen, sobald man keine Anfängerfehler (zu viel Text auf den Folien, etc.) mehr macht.

Die Schrift sollte möglichst groß sein, damit auch die letzte Reihe auch mit schlechten Augen noch alles mitkriegt. Dabei macht es auch nichts, wenn die Schrift fast den gesamten Bildschirm füllt: Was ein Designer auf einem Computerbildschirm als zu wenig Whitespace diagnostizieren würde, ist auf der Bühne nicht schlimm, da der Bildschirm oder Beamer nicht alleiniges Fokusobjekt ist.

Außerdem sollten die Folien möglichst wenig vom Vortrag ablenken, also spezielle Schriften und Farben wenig und Animationen gar nicht verwenden.

Auf der Bühne sollte man (wie bereits erwähnt) Emotionen und eine (nicht-hibbelige) Energie mitbringen, Spaß am Vortrag haben und in Tonlage und Gestiken Varietät ermöglichen. So kann man das Problem in gekrümmter und die Lösung in offenerer Körperhaltung präsentieren; genauso wie man im echten Leben von einem Problem eher etwas niedergeschlagend und von einer Lösung befreit berichten würde.

Übung 4

Nach kurzer Vorbereitungszeit halten die Teilnehmenden zweiminütige Pitches in Zweiergruppen und bewerten einander anschließend.

Der Abschluss des Pitches

Man sollte den Pitch möglichst stark abschließen; am besten mit einem sogenannten Call to Action, der den Zuhörern direkt eine Aufgabe gibt. So kann man zum Beispiel zu einem persönlichen Gespräch einladen und erklären, wo man (direkt auf der Messe) zu finden ist. Man sollte sich jedoch nicht unterwürfig für die Aufmerksamkeit bedanken, da dies automatisch zu einer Ablehnungsreaktion führt ("Warum habe ich hiermit meine Zeit verbracht?"). Würden sich Musiker nach der Aufführung beim Publikum bedanken? Ein "Vielen Dank dass ich heute hier sein darf" sollte nur von Personen mit hohem Status verwendet werden um nahbarer zu werden!

Weiteres

Einige Inkubatoren:

Anscheinend werden Business schools langsam durch diese ersetzt: Auf LinkedIn steht immer häufiger statt "Max Mustermann, HBS ’08" ein "Max Mustermann, Techstars Berlin ’16" im Lebenslauf.

Lustig: Mankini Pitch

Warum sollte ich zum Pitchdoktor?

Der Pitchdoktor ist in der Lage einem viel Inhalt (deutlich mehr als das oben zusammengefasste) in kurzer Zeit (vier Stunden) beizubringen ohne dass es zwischendrin langweilig wird.